Härte im Training: Sinn und Unsinn – Teil 3
Dies ist der letzte Artikel in meiner Reihe über den Sinn und Unsinn von Trainingshärte im Selbstschutz-Bereich. In Teil Eins habe ich dargestellt, was Härte im Training für mich ausmacht und weshalb ich sie im Selbstschutz-Bereich für wichtig halte. In Teil Zwei habe ich allerdings auch kritisch hinterfragt, welche Nachteile beziehungsweise Probleme hartes Training mit sich bringen kann.
Der heutige Artikel befasst sich damit, wie Du beide Seiten möglichst sinnvoll miteinander vereinen kannst. Wie kannst Du die Vorteile nutzen und gleichzeitig die Risiken minimieren? Wann solltest Du lieber Kompromisse eingehen? Worauf solltest Du bei hoher Trainingshärte achten?

Szenariotraining abseits der Sporthalle: Hier wird Schutzausrüstung zunehmend wichtiger
Wie wichtig ist Trainingshärte?
An dieser Stelle möchte ich eine Aussage aus dem Beginn dieser Reihe aufgreifen:
In meinen Augen muss Selbstschutztraining eine gewisse Härte beinhalten, um „vollständig“ zu sein. Wenn dies aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich ist, lässt sich trotzdem ein nützliches Training gestalten, aber bestimmte Aspekte werden dabei schlicht fehlen.
Hinter dieser Aussage stehe ich. Eine gewisse Härte bringt Lerneffekte mit sich, die sich auf keinem anderen Weg ersetzen lassen. Manche Lektionen lassen sich weder simulieren, noch mit PowerPoint-Präsentationen, Vorträgen oder Internetartikeln ersetzen.
All das bedeutet jedoch nicht, dass "sanfteres" Training jeden Nutzen verliert. Auch ohne Härte kann man andere wichtige Inhalte vermitteln. Viele wichtige Themen rund um Selbstschutz erfordern sogar kaum oder überhaupt kein körperliches Training.
(Hier gibt es eine Übersicht, was aus meiner Sicht zu Selbstschutz-Training alles dazu gehört.)
Wie lässt sich Trainingshärte sinnvoll integrieren?
Training sollte an die Teilnehmer angepasst werden
Das Ziel eines Selbstschutztrainings sollte es sein, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer voranzubringen. Dazu muss man sie da abholen, wo sie gerade sind.
Unterschiedliche Menschen kann und muss man unterschiedlich trainieren. Von daher sollte man die Zielgruppe seines Trainingsangebots kennen und die Trainingsgestaltung an den Teilnehmern orientieren. Manche Gruppen, die Selbstschutzfähigkeiten dringend brauchen könnten, werden von zu hartem Training möglicherweise von vornherein abgeschreckt. Wer diese Gruppen erreichen möchte, sollte das in der Trainingsgestaltung berücksichtigen.
Nicht jedes Training kann für jede Person und jedes Bedürfnis taugen. Dieser Anspruch wäre unmöglich zu erfüllen. Daher gilt es, sich an seine Teilnehmer anzupassen - schließlich sollen diese nach dem Training sicherer sein als zuvor.
Neue Personen mit Bedacht an das Training heranführen
Menschen lernen am besten, wenn sie Spaß haben und gefordert sind, ohne konstant überfordert zu werden. Dementsprechend sollten neue Leute mit Augenmaß an das Training herangeführt werden. Dies gilt insbesondere, wenn es um harte Aspekte mit Widerstand geht.
Das heißt natürlich nicht, dass man motivierte Personen künstlich bremsen sollte. Womöglich würden diese Leute gerade deshalb die Lust verlieren. Ein Trainer sollte neue Teilnehmerinnen und Teilnehmer individuell einschätzen und beurteilen, anstatt sein Programm auf Autopilot abzuspulen. Dazu gehört aus meiner Sicht beispielsweise, die Teilnahme an harten Übungen zu steuern oder explizit freizustellen.
Ein Beispiel
Vor kurzer Zeit habe ich ein Interview mit Valeer Damen geführt. Valeer ist ein niederländischer Trainer, der sich auf Selbstschutz-Training für ehemalige Gewaltopfer spezialisiert hat.
In dem Gespräch geht es darum, wie stark er sein Training an die Teilnehmerinnen anpassen muss und wie entscheidend es für ihn ist, Leute langsam an neue Inhalte heranzuführen.
Wenn Du Training für sensible Zielgruppen gestalten möchtest, rate ich Dir, dieses Interview zu lesen und Dir gründlich Gedanken über meine ersten beiden Punkte zu machen.

Valeer Damen hat sich auf Training mit Gewalt-Opfern spezialisiert und muss viel Rücksicht auf seine Zielgruppe nehmen.
Zwischen „neu lernen“ und „verinnerlichen“ unterscheiden
Ich halte es für elementar, im Trainingsaufbau zwischen „neu lernen“ und „verinnerlichen“ zu trennen. Dies sind zwei verschiedene Phasen des Lernens, die beide gleich wichtig sind:
Eine neue Bewegung oder ein neues Prinzip muss als erstes verstanden werden. Wenn neue Inhalte sofort gegen reichlich Widerstand geübt werden, haben die Teilnehmer kaum die Chance, die Bewegung überhaupt zu begreifen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Person irgendwas machen, um mit dem Druck zurecht zu kommen, aber nicht die vorgesehene Technik. Neue Inhalte müssen zuerst langsam und konzentriert geübt werden.
Wer immer auf diesem Level verharrt, wird die Bewegung jedoch höchstwahrscheinlich gegen harten Widerstand nicht umsetzen können. Aus diesem Grund muss auf „neu lernen“ auch eine Phase des Verinnerlichens folgen. Hier sollte der Widerstand und die Freiheiten des Gegenübers Stück für Stück hochgeregelt werden. Mit zunehmendem Können sollten die Übungen härter und dynamischer werden. Wenn man an den Punkt gelangt, an dem die übende Person mal Erfolg hat und mal scheitert, dann ist das der ideale Bereich zum Verinnerlichen. Und wenn die Person auf diesem Level zunehmend mehr Erfolg hat, sollte man die Übung wieder etwas schwerer machen.
Der Erfolg einer Technik muss sich hierbei am Ergebnis und nicht am Aussehen messen. Hat etwas zum Ziel geführt? In der Dynamik, unter Stress und gegen Widerstand wird ein Bewegungsablauf selten „lehrbuchmäßig“ aussehen. Dies liegt schon allein daran, dass das Gegenüber sich auch jedes Mal etwas anders verhalten wird. Wer dann "Perfektion" oder Aussehen über Effektivität stellt, der hält seine Teilnehmer zurück: Widerstand verlangt stetige Anpassung und Adaption an das Gegenüber. Genau dies gilt es während des Verinnerlichens zu erlernen. Perfekt ist, was in einer konkreten, dynamischen Situation zum Erfolg geführt hat.
Interessanterweise kann es mitunter auch nötig sein, Teilnehmer auszubremsen, wenn sie am Liebsten immer nur hart trainieren wollen: Ja, das kann Spaß machen. Wer immer nur in Grenzbereichen trainiert, wird auch nicht wesentlich besser werden. Der- oder diejenige hat ja gar keine Zeit, neue Elemente aufzugreifen und in das eigene Verhalten zu integrieren. Gutes Training braucht beide Seiten.
Trainingspartner sollten Widerstand skalieren können
Dieser Punkt ist eng mit dem Vorigen verbunden: Gute Trainingspartner sollten ihr Maß an Widerstand und Härte fein skalieren können. Sie sollten andere Teilnehmer fordern können, ohne sie ständig zu überfordern oder immer „gewinnen“ zu müssen.
Es ist wichtig, im Training gefordert zu werden, an sein Limit zu kommen und auch mal zu verlieren. Aber ständiges Verlieren kann auch problematisch sein. Im wettkampfmäßigen Sparring kann immer nur eine Person die Erfahrung machen, dass er oder sie erfolgreich war und dass das trainierte System funktioniert.
Gute Trainingspartner können ihr Ego weitestgehend aus dem Training heraushalten. Sie bieten dem Partner oder der Partnerin genau das Verhalten, was der- oder diejenige in dieser Übung für den eigenen Fortschritt braucht.
Es ist wichtig, dieses Verhalten auch in der Trainingskultur einer Gruppe zu verankern. Als Trainer ist man darauf angewiesen, dass die eigenen Leute nicht nur selbst gut trainieren, sondern wechselseitig auch für ihre Trainingspartner da sind. Also macht es Sinn, genau dieses Verhalten zu erläutern, zu loben und notfalls einzufordern.
Schutzausstattung und Hilfsmittel nutzen

Betrachtung von Vor- und Nachteilen verschiedener Schutzkleidungen auf einem Seminar über Szenario-Training (mit Rory Miller, Fritzlar 2015)
Dieser Punkt ist naheliegend: An vielen Stellen lassen sich Pratzen, Schlagpolster, Boxsäcke, Schutzausstattung und andere Hilfsmittel in das Training integrieren, um mehr Härte zu ermöglichen. Meiner Meinung nach sind sie geradezu zwingend erforderlich.
Wie soll jemand etwa Schlaghärte entwickeln, wenn er oder sie nie tatsächlich hart irgendwo gegen schlagen kann? Derartige Hilfsmittel sind allerdings kein Allheilmittel. Sie sind gut, um Bewegungen zu üben und Schlaghärte zu entwickeln. Anschließend muss aber auch geübt werden, diese Körpermechanik dynamisch gegen eine sich ebenfalls bewegende Person umzusetzen. Hier ist in erster Linie eine clevere Übungsgestaltung gefragt.
Ein gutes Mittel kann zum Beispiel die Integration von Pratzen in teil-kooperatives Training darstellen. Hierbei werden Teile einer Übungssequenz kooperativ und vorsichtig umgesetzt, wobei der Trainingspartner in der gleichen Sequenz für andere Aspekte eine Pratze anbietet.
Gute Schutzkleidung kann ebenfalls helfen, Techniken härter an einer realen Person üben zu können. Sie stellt aber auch immer einen Kompromiss zwischen Sicherheit und Beweglichkeit dar. Außerdem bringt sie mitunter eigene Risiken mit sich oder macht manche Techniken weitaus ineffektiver, als sie es ohne wären. Darüber hinaus sind gute Vollschutzanzüge auch schlicht und ergreifend sehr teuer. Beim Einsatz von Schutzkleidung gilt grundsätzlich, sie gründlich zu erproben und ihre Grenzen bei der Übungsgestaltung zu berücksichtigen.
In ganz speziellen Fällen kann auch mentales Training ein sinnvolles Mittel sein. Wenn sich manche Aspekte einfach nicht sicher üben lassen, dann kann man diesen Teil der Bewegung zumindest intensiv durchdenken und visualisieren. Dies ist allerdings ausdrücklich kein Allheilmittel. Man sollte sich nicht dem Glauben hingeben, Trainingshärte durch Fantasie ersetzen zu können und die gleichen Vorteile ernten zu können.
Ein vernünftiger Umgang mit Risiken, Schmerzen und Verletzungen
Im ersten Teil dieser Reihe habe ich erwähnt, dass es nützlich ist, Schläge und Schmerzen verkraften zu können, um nicht davon überwältigt zu werden. Die Kehrseite des Ganzen, gerade die möglichen Langzeitfolgen von Verletzungen, habe ich im zweiten Teil dargestellt. Dies ist ein Thema, bei dem jeder Teilnehmer seinen eigenen Weg finden muss. Wie weit möchte man gehen, wann steigt man aus?
Wieviel Risiko nehme ich im Training in Kauf, um im (vielleicht nie eintreffenden) Notfall etwas besser gewappnet zu sein?
Am Ende ist jeder Mensch selbst für seine eigene Sicherheit verantwortlich. Das gilt auch im Training. Verantwortung lässt sich nicht einfach beim Trainer abgeben. Natürlich ist dieser für die Trainingsgestaltung verantwortlich. Aber gleichzeitig sind die Teilnehmer meiner Meinung nach stets gefordert, sich eine eigene Meinung zu bilden. Meiner Ansicht nach sollte man die Teilnahme an Übungen stets freistellen – erst recht, wenn es sich um ein freiwilliges Selbstschutz-Training handelt. Und wer Selbstschutz erlernen möchte, der sollte auch einem Trainer gegenüber seine Meinung vertreten können (oder genau das lernen).
Genauso sollten Trainer, die Leute gegen deren Willen zu Übungen nötigen wollen, über dieses Verhalten nachdenken. Was wird hier tatsächlich konditioniert? Ist Gehorsam entgegen der eigenen Intuition gutes Selbstschutz-Verhalten?
Unabhängig vom eigenen Risiko-Verhalten gibt es einen Punkt, den ich fast immer für wahr halte: Es gibt einen Unterschied zwischen Schmerzen und Verletzungen.

Das Lachen beweist: Kleinere Verletzungen müssen nicht katastrophal sein.
Mit Verletzungen weiter zu trainieren und diese eventuell zu verschlimmern oder zumindest die Heilung zu verzögern ist normalerweise dumm. Als Trainer oder Trainerin sollte man hierauf ein Auge halten, gerade falls es sich um Personen mit (zu) viel Ego handelt. Das gleiche gilt für Training unter dem Einfluss von Schmerzmitteln. Dies ist in meinen Augen meist ein dummes Unterfangen, von dem man die Finger lassen sollte. Chronische Beschwerden können eine Ausnahme darstellen, aber dann muss die Person doppelt vorsichtig sein.
Vorsicht mit emotional herausfordernden Inhalten
Selbstschutz kann (und wird wahrscheinlich) auch Überwindung und die Konfrontation mit den eigenen, individuelle Ängsten fordern. Gutes Training berücksichtigt das. Aber gerade in diesem Bereich gilt es, nicht zu früh einzusteigen. Vorsicht ist hier die Mutter der Porzellankiste. Ein zu früher, zu heftiger oder schlecht gemachter Einstieg in diesen Bereich kann weitaus mehr kaputt machen, als einem vielleicht lieb ist. Dies gilt umso mehr, weil man als Trainer vielleicht gar nicht so genau über seine Leute und deren Erlebnisse Bescheid weiß, wie man eventuell denkt. Die Gefahr, Leute abzuschrecken, Selbstzweifel zu mehren oder gar alte Traumata wieder hervorzurufen, kann groß sein.
Aus diesem Grund sage ich zu diesem Punkt nur so viel: Wer sich nicht sicher ist, dass er weiß, was er tut, sollte einfach die Finger davon lassen. Ein gutes Indiz für „die Finger davon lassen“ ist es etwa, wenn man keine Vorstellung hat, wie man den psychischen Zusammenbruch einer Person im Training handhaben würde.
Wenn man sich an diesen Bereich herantraut (und das sollte wohlüberlegt sein), dann gilt meiner Meinung nach diese Reihenfolge: Zuerst sollten solide körperliche Fähigkeiten gelegt werden. Die dafür nötige Trainingszeit gibt Zeit zum Kennenlernen und schafft hoffentlich Vertrauen. Und die vermittelten körperlichen Fähigkeiten stellen Werkzeuge dar, die später genutzt werden können. Es ist schlichtweg unfair, jemand emotional in Grenzbereiche zu bringen, ohne Derjenigen oder Demjenigen vorher geeignete Fähigkeiten an die Hand zu geben, um diese Situation bewältigen zu können. „Friss oder stirb“ ist selten eine gute Trainingsmaxime.
Transparente Trainingsgestaltung
Ich finde es sinnvoll, Trainingsteilnehmern nicht nur Übungen zu zeigen, sondern auch deren Sinn zu erläutern. Worauf kommt es an und warum wählt man diese Trainingsweise?
Dies ermöglicht den Teilnehmern, selbst auf eine sinnvolle Umsetzung der Übungen zu achten. Natürlich geht es nicht darum, Teilnehmer jedes Mal mit Trainingslehre zu langweilen. Es geht nur darum, dass Trainierende nicht nur Übungen ablaufen, sondern auch deren Ziele und mögliche Nachteile kennen.
Verständnis hilft dabei, sinnvoller zu trainieren
Bezogen auf Trainingshärte kann derartige Transparenz bei skeptischen, vorsichtigen Personen die Akzeptanz für die Übungen steigern und Vertrauen schaffen. Es geht nicht darum, sich „sinnlos“ zu prügeln, sondern die Übungen haben ein konkretes, sinnvolles Ziel.
Die Sicherheitsfaktoren der Übungen bewusst berücksichtigen
Wenn ein Training darauf abzielt, Menschen zu verletzen und am Trainingsende niemand verletzt ist, dann müssen die Techniken auf irgendeine Art „künstlich“ sicher gemacht werden. Meist wird ein Teil der Bewegung nicht vollständig umgesetzt. Diese „Fehler“ werden in jeder Übung mit verinnerlicht. Wenn das Trainingsziel Selbstverteidigung lautet und damit auf die reale Anwendung abzielt, sollte man dem soweit wie möglich entgegen wirken.
Der erste Schritt ist, sich über die „Sicherheitsfaktoren“ einer Übung bewusst zu sein. Meiner Meinung nach sollte jeder Trainingsteilnehmer wissen, welcher "Fehler" gerade eingebaut wird. Schritt zwei ist es, den „absichtlichen Fehlern“ aus Übung A in Übung B wieder entgegen zu arbeiten.
Dieser Punkt gewinnt bei härteren Übungen umso mehr Bedeutung. Einerseits steigt hier die Verletzungsgefahr sehr schnell an, daher wird die Sicherheit wichtiger. Andererseits verinnerlicht man Bewegungsabläufe, die unter Druck und Adrenalin eingeschliffen werden, umso fester. Hier gilt es, mit einer guten Trainingsgestaltung eine Balance zwischen funktionalen Inhalten und notwendiger Sicherheit zu finden. Je härter das Training wird, desto wichtiger wird dies, um nicht durch die Intensität des Trainings fatale Schwächen tief zu verankern.
Fazit
Wenn Du meine drei Artikel rund um Trainingshärte nacheinander liest, merkst Du vermutlich, dass ich eine gespaltene Meinung zu dem Thema habe. Einerseits halte ich Härte im Selbstschutzbereich für sehr, sehr sinnvoll. Aber gleichzeitig ist mir auch bewusst, dass sie gerade die Personen abschrecken kann, die das Training am meisten nötig hätten.
Ich halte es für unmöglich, diesen Zwiespalt vollständig zu überbrücken. Es gibt keinen Weg, sein Training einfach nur „gut genug“ zu gestalten, um beide Seiten im gleichen Maß unter einen Hut zu bringen.
Stattdessen verlangt die Trainingshärte im Selbstschutzbereich aus meiner Sicht immer eine Anpassung an die konkrete Zielgruppe. Dies gilt sowohl für die generelle Gestaltung des Trainings, als auch für den individuellen Umgang mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Dabei würde ich mich bei dem Maß der Trainingshärte an vier Fragen entlang hangeln:
1. Mit welcher Zielgruppe hast Du zu tun?
Aus der Zielgruppe ergeben sich die Eckpfeiler des Trainings. Sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jung oder alt? Körperlich fit oder gebrechlich? Athletisch veranlagt? Kampfsport-Erfahrung? Wenn ja, was? Hemmung im Bezug auf körperlichen Kontakt?
2. Wie viel Härte kannst Du dieser Gruppe ungefähr zumuten?
Sobald Du die Zielgruppe kennst, kannst Du einschätzen, was Du den Leuten abverlangen kannst. Natürlich gibt es in jeder Gruppe Ausreißer nach oben und unten, aber für die generelle Trainingskonzeption zählt der Durchschnitt.
3. Wie schnell kannst Du die Intensität des Trainings steigern?
Mit einer athletischen Truppe kannst Du die Trainingsintensität deutlich schneller steigern, als mit unsportlicheren Leuten. Mit diesen würde die Verletzungsgefahr ohne eine vorsichtigere Steigerung vermutlich höher ausfallen. Oder es gibt psychische Hemmungen im Bezug auf harten Kontakt und dieser muss behutsam aufgebaut werden, obwohl er körperlich kein Problem wäre.
4. Wieviel Zeit hast Du insgesamt?
Dieser Punkt setzt ebenfalls eine Obergrenze. In einer langfristigen Trainingsgruppe kannst Du auch vorsichtigere oder verletzungsanfälligere Teilnehmer behutsam nach und nach voranbringen. An einem Wochenendseminar ist dies schlicht nicht möglich.
Erst wenn Du die Antworten auf diese Fragen hast, kannst Du Dein Training konzipieren.
Aufgrund der Vorteile von Trainingshärte rate ich Dir, den Rahmen auszuschöpfen, den Du verantwortungsbewusst für möglich hältst.
Aber was ist, wenn dieser Rahmen klein ausfällt? Dann ist das so. Bestimmte Lektionen werden dann einfach fehlen. Zum Glück ist dieser Punkt nicht schwarz-weiß. Trainingshärte ist nicht "an" oder "aus". Sie lässt sich sehr feinstufig regeln. Nichtsdestotrotz ist manchmal besser Inhalte wegfallen zu lassen. Training, das überproportional viele Verletzungen zur Folge hat, psychische Probleme verschlimmert oder die Teilnehmer verschreckt, verfehlt nunmal sein Ziel.
Gleichzeitig finde ich es aber auch verwerflich, es sich leicht zu machen, sein Training immer extrem kooperativ zu gestalten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gleichzeitig das Blaue vom Himmel zu versprechen.
In einer realen Konfrontation helfen nur Fähigkeiten, die unter Stress, in Bewegung und gegen ein unkooperatives Gegenüber abgerufen werden können. Dazu trägt Trainingshärte nunmal wesentlich bei.
Selbstverteidigungstraining kann meiner Meinung nach nicht nach Schema X abgewickelt werden. Es muss sich eher um einen Maßanzug als um ein Produkt von der Stange handeln. Dies gilt für die mögliche Härte genauso wie für andere Inhalte.
Hast Du Ergänzungen, Kommentare oder eine andere Meinung zu dem Thema? Ich freue mich, von Dir zu hören!
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