Selbstverteidigung und Training mit Opfern: Ein Interview

Im letzten Oktober war ich auf mehreren Seminaren. Auf einem davon habe ich den niederländischen Selbstverteidigungstrainer Valeer Damen kennen gelernt. Sein Training unterscheidet sich in einem Punkt deutlich von vielen anderen Kampfsportangeboten, die auch „Selbstverteidigung“ anbieten: Er unterrichtet überwiegend Frauen, insbesondere wenn diese in der Vergangenheit Opfer von Gewalttaten geworden sind.

In unserem Gespräch wurde schnell deutlich, dass diese Arbeit ganz eigene Herausforderungen mit sich bringt, die mit „typischem“ Kampfsporttraining nicht viel zu tun haben. Für mich waren das Einblicke, die man sonst nur selten aus erster Hand gewinnen kann.

Zu meiner großen Freude hat Valeer sich bereit erklärt, einige seiner Erfahrungen in einem Interview zu teilen. Ich hoffe, dass seine Einblicke für Dich genauso interessant sind, wie für mich!

Valeer Damen

Valeer Damen hat sich auf Training mit Gewalt-Opfern spezialisiert und muss viel Rücksicht auf seine Zielgruppe nehmen.


Hallo Valeer! Kannst Du kurz zusammenfassen, was Du im Selbstverteidigungsbereich machst?

Valeer: Ich halte drei Mal im Jahr einen achtwöchigen Frauenselbstverteidigungskurs. Dabei habe ich mich auf Kleingruppen zwischen zwei und sechs Teilnehmerinnen spezialisiert. Darüber hinaus biete ich Privatunterricht an und organisiere auf Anfrage Kurse für unterschiedliche Zielgruppen.

Welchen Hintergrund haben deine Teilnehmerinnen normalerweise?

Valeer: Die meisten meiner Teilnehmerinnen sind sehr verletzliche Mädchen und Frauen. Häufig haben sie schon meinen Blog gelesen und einen „guten Eindruck“ von mir gewonnen. Ansonsten hätten sie sich niemals für ein Selbstverteidigungsseminar angemeldet. Sie sind oftmals sehr ängstlich oder schüchtern. Manche erzählen mir, dass sie niemals sowas wie etwa Krav Maga trainieren würden, weil es „viel zu aggressiv“ (ihre Worte) für sie ist.

Häufig wurden sie bereits in der Vergangenheit Opfer von Gewalttaten. Sie kommen aus gewalttätigen Beziehungen, wurden vergewaltigt oder als Kinder sexuell missbraucht. Einige von ihnen leiden unter posttraumatischen Belastungsstörungen. Reviktimisierung ist ein großes Problem, weil Angreifer hart gesagt sofort erkennen, dass es sich um „leichte Beute“ handelt. Sie wurden dahin gebracht, sich selbst für hilflos zu halten und Angreifer erkennen die Anzeichen dieser Überzeugung. Sie wissen, dass ihre Arbeit bereits von jemand anderem für sie gemacht wurde. Im Grunde genommen sind das die Leute, die Selbstverteidigung am Dringendsten bräuchten. Und gleichzeitig sind die Diejenigen, die am wenigsten wahrscheinlich an Selbstverteidigungstrainings teilnehmen werden.

Kampfsporttraining wirkt oft abschreckend auf Gewaltopfer.

Die Teilnehmerinnen meiner Kurse, die noch nie Opfer einer Gewalttat geworden sind, können von den anderen einige wertvolle Lektionen lernen. Ironischerweise haben die Leute, denen noch nie etwas zugestoßen ist, häufig eine sehr unrealistische Vorstellung von Selbstverteidigung. Manchmal verlassen sie deshalb den Kurs. Sie würden lieber gegen eine Pratze schlagen, anstatt Lösungen für tatsächliche Übergriffe zu finden. Das kann sehr frustrierend sein, denn es ist mir natürlich lieber, wenn Menschen lernen sich zu schützen bevor  ihnen etwas Schlimmes zustößt.

Menschen ohne Gewalterfahrung haben mitunter falsche Vorstellungen von sinnvollem Training.

Was unterscheidet die Arbeit mit diesen Gruppen von anderem Kampfsport- oder Selbstverteidigungstraining?

Valeer: Bei Menschen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung ist das Problem, dass die Inhalte eines Selbstverteidigungskurses Erinnerungen an das traumatisierende Ereignis, Dissoziation oder andere Probleme auslösen können. Ich bin kein Psychologe und kann nicht all die Hilfe anbieten, die diese Leute brauchen. Wenn ich weiß, dass eine bestimmte Teilnehmerin eine derartige Vergangenheit hat, frage ich, ob sie professionelle Hilfe hat. Wenn nicht, kann ich sie bei der Suche nach den richtigen Leuten unterstützen. Falls sie einen Therapieplatz hat, bitte ich sie, die Inhalte des Kurses mit ihrer Therapeutin oder ihrem Therapeuten zu besprechen. Außerdem teile ich ihr mit, dass mich auch ihr Therapeut direkt kontaktieren kann.

Gewaltopfer brauchen oftmals mehr Hilfe, als nur ein Selbstverteidigungstraining.

Menschen, denen in ihrer Vergangenheit Gewalt widerfahren ist, sind oft extrem motiviert. Sie habe eine viel realistischere Vorstellung von Gewalt, als Leute die nie angegriffen wurden und wissen besser, was sie brauchen um sich zu schützen. Im Schnitt haben sie auch mehr Bereitschaft, sich den schwierigeren Aspekten von Selbstverteidigung zu stellen. Ich unterrichte auch Tai Ji Quan und dort habe ich oft mit Schülerinnen und Schülern zu tun, die lieber nicht über die „Gewalt“ im Kämpfen nachdenken möchten.

Manch andere Kampfsportteilnehmer wollen sich gar nicht mit "Gewalt" befassen.

Mit welchen typischen Schwierigkeiten hast Du zu tun und wie löst Du sie?

Valeer: Viktimisierung hat einige sehr spezifische Konsequenzen, die für Außenstehende nicht immer nachvollziehbar sind. Ich habe den Eindruck, dass posttraumatische Belastungsstörungen meistens darauf zurückzuführen sind, dass einem Gewalt widerfährt gegen die man nichts tun kann. Der menschliche Verstand hasst es, keine Kontrolle zu haben. Also greift er auf einen subtilen Trick zurück: Opfer fühlen oft überwältigende Scham und Schuld. Das ist ein Schutzmechanismus der Psyche. Wenn du schuldig bist, heißt das, dass du Kontrolle hattest. Und genau das möchte der Verstand glauben. Natürlich ist es völlig unwahr – Welches vierjährige Kind hat irgendeine Art von Kontrolle gegenüber zwei erwachsenen Angreifern? Außenstehende verstehen das oft nicht. Sie glauben entweder, dass etwas Wahres dran sein wird, wenn das Opfer Schuld und Scham fühlt und es wohl irgendwie ihre Schuld war. Oder sie verstehen einfach nicht, weshalb das Opfer nicht einfach nur wütend ist. Aber es ist, was es ist. Ein Schutzmechanismus des Verstands.

Opfer geben sich oft fälschlicherweise selbst die Schuld für das Geschehene.

Dieser Mechanismus zerstört jedoch jedes Gefühl von Selbstwert. Und wie sollst du dich verteidigen, wenn du dich für wertlos hältst? Dies ist die Ursache dafür, dass es diesen Leuten so schwer fällt, „nein“ zu sagen. Sie können sich nicht schützen, weil ihre Scham- und Schuldgefühle ihnen den Eindruck vermitteln, sie hätten kein Recht, für sich selbst einzutreten. Sie „verdienen“ es nicht.

Wer sich selbst nicht für schutzwürdig hält, wird sich nicht beschützen können.

Und weil sie sich wertlos fühlen, versuchen sie ständig sich Wert zu „verdienen“. Sie glauben, sie müssten Liebe erarbeiten. Oft haben sie völlig unrealistische Vorstellungen über Liebe und Verpflichtungen gegenüber der ganzen Menschheit. Eine Teilnehmerin sagte mir mal: „Ich muss ständig zu 100% wertfrei über jeden Menschen denken“. Logischerweise ist das total unrealistisch und völlig inkompatibel mit dem Überleben. Du bringst dich selbst in eine Situation, in der du wieder und wieder Opfer werden wirst.

Aus diesen Gründen muss ich ganz vorn anfangen. Ich muss ihnen vermitteln, dass sie das Recht haben „nein“ zu sagen. Außerdem bitte ich sie, für sich selbst aufzuschreiben, was sie selbst möchten oder nicht möchten und welche Dinge sie nicht zulassen werden. Des Weiteren lasse ich sie Formulierungen aufschreiben und auswendig lernen, die sie einsetzen können um Leute loszuwerden. Dann bitte ich sie, ein Spiel daraus zu machen. Geh in die Welt und übe, aber betrachte es als Spiel. Geh in ein Kleidungsgeschäft und sag „nein“ zu der Bedienung, die dir helfen möchte. Sag „nein“ zu Leuten, die irgendwas auf der Straße verkaufen. All solche Dinge. Und feiere deine Erfolge. Schreib sie auf, um dich zu versichern, dass es wirklich passiert ist. Gönn dir ein Stück Kuchen oder eine andere konkrete Belohnung. Mach es real.

Zu anderen Leuten "Nein" sagen zu können, ist ein wichtiger erster Schritt.

Manchmal muss ich sie „austricksen“. Sie sagen „diese Technik würde ich niemals gegen einen Menschen einsetzen, es würde sie zu sehr verletzen“. Also erwidere ich: „Ok, er packt nicht dich, sondern deine Schwester. Möchtest du ihm noch immer nicht wehtun?“ Und auf einmal meinen sie, dass sie den Typen umbringen würden. Dann frage ich: „Wieso hat deine Schwester den Schutz verdient, aber du selbst nicht?“

Das Gleiche gilt auch mit physischen Angelegenheiten. Ich muss ihnen „beweisen“, dass sie etwas machen könnten. Also bringe ich sie dazu, etwas zu tun, vor dem sie Angst haben. Dann kann ich hervorheben, was sie gerade getan haben und erklären: „Jetzt weißt du, dass du es kannst. Du hast einen Beweis.“

Oft ist für "Selbstverständlichkeiten" viel Überzeugungsarbeit notwendig.

Damit musst du allerdings extrem vorsichtig sein. Du kannst sie nicht drängen. Sie müssen ihre Grenzen selbst erweitern.

Wie bist Du in dieses Feld der Selbstverteidigung geraten?

Valeer: Ich wurde in der Schule gemobbt und weiß, wie destruktiv das ist. Ich hab mich dem widersetzt und immer nach Wegen gesucht, wie ich gegen größere, stärkere und schwerere Gegner bestehen kann. Dann habe ich einige Opfer von Vergewaltigungen und sexuellem Missbrauch kennen gelernt. Seitdem wollte ich immer Frauenselbstverteidigung unterrichten.

Ich habe mit 17 angefangen, die japanische Schwertkunst Iaido zu studieren. Ich habe auf Seminaren viele verschiedene Trainer erlebt. Ich habe herausgefunden, wie destruktiv ein Tyrann als Trainer sein kann. Ich habe erlebt, wie einige Mitschüler manipuliert, entmutigt oder geradezu gemobbt wurden. Ich habe aber auch einige sehr gute Lehrer erlebt, die ihre Schüler zu Selbstständigkeit ermutigt und vorangebracht haben. Hieraus habe ich gelernt, welche Art von Trainer ich selbst werden wollte.

Gute Trainer können Menschen weit voran bringen. Schlechte Trainer können jedoch auch äußerst destruktiv sein.

Ich habe versucht, herauszufinden, welche Art von Unterricht funktioniert und was nicht klappt. Ich glaube, dass du Schüler niemals drängen solltest. Menschen lernen, indem sie innerhalb ihrer eigenen Grenzen bleiben. Sie erweitern den Rahmen von innen heraus, weil sie Spaß an ihrem eigenen Können haben. Sie haben Spaß, bleiben entspannt und erzielen Ergebnisse. Paradoxerweise lernst du am besten, wenn du dich gar nicht um das Verbessern scherst. Guck dir Kinder an. Sie haben keine Fünfjahres-Strategie mit SMART-Zielen, aber sie lernen wie der Blitz. Probiere, spiele, lache. Übertrage Verantwortung, ermutige, verdeutliche ihre Erfolge, gratuliere ihnen.

Menschen lernen am Besten, wenn sie mit Spaß bei der Sache sind.

Dann habe ich mit Tai Ji Quan begonnen. Und mir ist aufgefallen, dass sich die meisten Frauen in dem Kurs bei Partnerübungen sehr unwohl gefühlt haben. Sie haben in der falschen Distanz trainiert, niemals richtig zugeschlagen und wirkten schlicht nervös. Da ging mir durch den Kopf, dass wir das niemals thematisieren. Wenn du in Kampfdistanz trainierst, ist die andere Person in deinem persönlichen Bereich und das fühlt sich schlecht an. Ich glaube, diese Frauen gucken auf die anderen Schüler, sehen dass diese Spaß haben und schlussfolgern „das ist nichts für mich“. Dann gehen sie. Aber es sollte sich schlecht anfühlen. Dabei handelt es sich um deine Alarmanlage. Ich glaube wenn wir das thematisieren, können Frauen sich im Unterricht viel fähiger fühlen.

Unwohlsein im Training ist wertvoll.

Aus diesen Punkten wusste ich, welche Art Trainer ich sein wollte. Ich wusste, wie ich unterrichten wollte und aus meiner Erfahrung mit Tai Chi und Systema wusste ich, was ich unterrichten wollte. Es hat ungefähr fünf Monate gedauert, mein Curriculum zu schreiben und dann habe ich mit dem Unterricht beginnen. Ich schreibe ca. alle zwei Wochen einen Blog-Artikel und nutze Twitter, um Leute zu erreichen. Inzwischen kontaktieren mich mitunter Organisationen für Opfer von häuslicher Gewalt oder Kindesmissbrauch. Mir ist bewusst, dass ich immer nicht all die verwundbaren Gruppen erreiche, die ich erreichen sollte, aber es ist ein Anfang.

Wie strukturierst Du deine Kurse?

Valeer: Ich habe acht Stunden. Die Leute sind heutzutage so beschäftigt! Und sie denken nicht gern über dieses Thema nach. Es macht ihnen Angst. Acht ist meist das Maximum, das sie zu investieren bereit sind.

Ich fange mit Übungen zum persönlichen Bereich sowie zum „Nein“-sagen an und bringe ihnen bei, wie man zuschlägt. Den Meisten kann ich in ca. 20 Minuten helfen, ihre Schlagkraft um 100 - 300% zu steigern. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass sie sich selbst erlauben müssen, diese Schlagkraft auch tatsächlich einzusetzen.

Das Logo von Valeer Damens Schule

Das Logo von Valeer ist die Geißelspinne. Sie symbolisiert, dass auch kleine Wesen kämpfen können.

Ich stimme meine Unterrichtsinhalte auf die Bedürfnisse ab, die ich bei den Schülern vermute. Das ist einer der Vorteile, wenn man nur wenige Leute pro Kurs hat. Aber es gibt auch Dinge, die Jeder lernen muss. Taktiken von Kriminellen. Weshalb diese Taktiken Gegenwehr so schwer machen. Die Schreckstrarre. Die meisten Opfer erzählen mir, dass sie nichts getan haben, um sich selbst zu schützen. Sie halten sich deshalb für „Freaks“ (ihre Worte). Wenn ich ihnen sage, dass jeder Mensch eine Schreckstarre hat, ist die Erleichterung unglaublich.

Gerade bei der Arbeit mit Opfern hat jede Person andere Bedürfnisse im Training.

In den nächsten Lektionen lasse ich sie die Welt durch die Augen eines Kriminellen betrachten. Oft merken sie dabei, dass das Problem ein ganz anderes ist, als sie dachten. Auf einmal machen meine Unterrichtsinhalte Sinn und sie können ihre eigenen Lösungen für das Problem finden.

Als körperliche Übung nutze ich Rory Millers „One-Step“ ziemlich viel. Die meisten Leute müssen es wieder „verlernen“, Schläge nicht abzustoppen und „fair“ zu kämpfen. Mit dem One-Step können sie jeden schmutzigen Trick nutzen, der ihnen einfällt, ohne ihre Trainingspartner zu verletzen.

Des Weiteren können sie in diesem Drill merken (manchmal zum ersten Mal überhaupt), dass sie auch einen Einfluss auf das Universum haben können. Dass sie selbst auch die Welt um sich herum beeinflussen können. Wenn sie mich schlagen oder die Oberhand gewinnen, applaudiere ich. Ich benenne jeden ihrer Erfolge explizit.

Wer nicht daran glaubt, Einfluss auf seine Umwelt ausüben zu können, kann sich auch nicht wehren.

Möchtest Du Leuten, die Selbstverteidigung für Opfer von Gewalttaten unterrichten wollen, noch etwas mit auf den Weg geben?

Valeer: Tausend Sachen! Das Wichtigste ist, dass du eine absolut sichere Trainingsumgebung erschaffen musst. Selbstverteidigung ist angsteinflößend  für Opfer. Ich arbeite im wahrsten Sinne des Wortes jede Sekunde daran, ein sicheres Umfeld zu erzeugen. Jede Sekunde frage ich mich: Nutze ich den Vornamen? Ja oder nein. Suche ich Blickkontakt? Ja oder nein. Berührung? Ja oder nein. Welche Worte ich nutze. Wann ich einen Witz mache. Welche Art von Witz. Was ich wann unterrichte. Diese Fähigkeit ist absolut entscheidend.

Eine sichere Trainingsumgebung ist elementar.

Es werden Emotionen hervorkommen. Ich hatte eine Teilnehmerin die sich übergeben musste bei der Vorstellung, mir weh zu tun. Schülerinnen brechen im Unterricht zusammen und weinen. Damit brauchst du einen professionellen Umgang, der die Leute bestärkt. Die Leute werden dir furchtbare Geschichten erzählen, die ihnen zugestoßen sind und die dich erschüttern und tagelang hängen bleiben. Manchmal bist du selbst derjenige, der heulen oder erbrechen möchte. Wenn du dich mit sowas nicht befassen möchtest, dann ist Selbstverteidigungstraining nicht dein Bereich.

Wer mit Opfern arbeitet, wird mit schlimmen Ereignissen konfrontiert werden.

Ein anderer Aspekt der sicheren Trainingsumgebung: Sex darf in deinem Unterricht nicht existieren. Klein Flirten, keine Anspielungen, keine Scherze. Wenn eine Teilnehmerin Anmerkungen mit sexuellem Unterton macht, ignoriere es. Es darf keine Anziehung geben. Mitunter könnten sich Teilnehmerinnen in dich verlieben. Jeder von uns verliebt sich in die Leute die uns retten, nicht wahr? Für Selbstverteidigungstrainer gilt das gleiche wie für Therapeuten: Ignoriere es. Sobald du Anziehung in deinen Unterricht lässt, ist das sichere Umfeld verschwunden und du bist erledigt.

Keine Sexualität im Training.

Außerdem musst du vernünftig recherchieren. Wie Rory Miller sagt: Wir entsprechen nicht dem Opferprofil. Ergo musst du wissen, wie es in ihrer Haut ist. Wenn du ein 1,90 Meter großer, 100 Kilogramm schwerer Mann bist und Frauen mit 1,65 Meter und 55 Kilogramm unterrichtest, dann weißt du nicht, wie es ist wenn du in Masse und Gewicht so weit unterlegen bist. Du musst einen Weg finden, dir diese Lage vorzustellen. Und du musst recherchieren. Schau dir die Statistiken über sexuelle Übergriffe an. Lies Berichte von Opfern, wie Übergriffe stattgefunden haben. Höre deinen weiblichen Freundinnen zu. Beobachte, wie schmierige Typen Frauen anlabern. Verstehe die Probleme.

Kenne die Welt aus der Sicht der Betroffenen.

Aber mehr als alles andere gilt: Respektiere deine Schüler. Manche meiner Teilnehmerinnen wurden als Kinder von Männern vergewaltigt. Dann kommen sie nachts allein zu meinem Unterricht, obwohl ich ein Kerl bin und wie jemand aussehe, der eine Bedrohung sein könnte. Wow. In meinen Augen macht sie das zu den mutigsten Leuten der ganzen Welt. Mutiger als ich. Wir können verdammt viel von Opfern lernen.

Valeer, vielen Dank für das ausführliche Interview!

Valeer veröffentlicht regelmäßig Artikel rund um die Auswirkungen von Gewalt und Training mit Gewaltopfern auf seinem niederländischen Blog www.udemushi.nl.

Falls Du die Seite trotz der Sprachbarriere lesen möchtest, empfehle ich Google Translate. Die Übersetzungen wirken zwar teilweise ziemlich holperig, aber den Sinn kann man meist verstehen: Zur englischen oder zur deutschen Übersetzung. (Meinem Eindruck zufolge liest sich die englische Version etwas besser.)

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